Standortmarketing trifft
Nazi-Propaganda
Der 25. Juni 1933 war ein großer Tag für
Saarbrücken und für das Saargebiet. Vor 90 Jahren
landete der Zeppelin LZ 127 auf den St. Arnualer Wiesen.
Bis zu 100.000 Zuschauer wollten sich das nicht entgehen
lassen. Ein ganztägiges Programm mit Rundflügen und
Luftakrobatik bildete den Rahmen für das Top-Ereignis.
1.200 Helferinnen und Helfer waren im Einsatz.
Organisiert hatte das Ganze der Verkehrsverein. Dessen
Motivation war das Standortmarketing, aber das Spektakel
war auch eine Propagandaveranstaltung im herannahenden
Abstimmungskampf. Die Regierungskommission des
Saargebiets, die laut Völkerbundsmandat auf politische
Neutralität zu achten hatte, wusste sehr genau, um was
es den Nazis bei der Aktion ging. Zweimal hatte sie eine
Zeppelin-Landung auf dem Flugfeld St. Arnual abgelehnt,
dann aber doch zugestimmt. Die Gründe sind bis heute
unklar. Als Bedingung blieb lediglich: Keine Fahnen,
keine Parteisymbole und Abzeichen, keine Hymne! Nicht
alle hielten sich allerdings daran.
Auf den Daarler Wiesen herrschte Euphorie. Die
Saarzeitung beschrieb es später so: „Gerade wir vom
Vaterland abgetrennten Saarländer empfinden es jeweils
mit besonderer Genugtuung, wenn wir von Großtaten und
Erfolgen deutschen Geistes hören, und im Angesicht
dieses Giganten [...] fühlen wir ein neues Hoffen in uns
lebendig und groß werden, dass unser Volk aus seinem
Elend und seiner Erniedrigung, in die rachsüchtige
Feinde es hinabstießen, doch wieder und trotz allem sich
erheben und den Platz in der Welt einnehmen wird, der
ihm auf Grund seiner Leistungen gebührt.“ Auch
Luftschiff-Kommandant Eckener – nicht nur „im Reich“
eine Berühmtheit – gab ein pathetisches Statement ab. Er
war kein Nazi, aber zur Saar-Abstimmung hatte er eine
klare Meinung. In der Saarzeitung wird seine Ansprache
folgendermaßen wiedergegeben: „Die Saarländer seien […]
keine Auslands- deutschen. Sie seien nur aus dem
deutschen Staatsverband dispensiert worden. Nur noch für
kurze Zeit. Und dann rufe er der Saarbevölkerung den
Gruß des deutschen Vaterlandes zu mit dem Wunsch, dass
ihr Land jetzt und später im deutschen Vaterlande blühe
und gedeihe.“ Im Publikum stand da übrigens auch
Bartholomäus Koßmann, der Saar-Vertreter in der
Regierungskommission. Er wird den Kopf geschüttelt
haben.
20 Minuten blieb Graf Zeppelin auf Saarbrücker Boden,
dann hob er wieder ab zu einer zehnstündigen Rundfahrt,
die bis nach Dortmund und Kassel führte. Um 18.30 Uhr
landete er erneut, setzte seine Passagiere ab, startete
nach 20 Minuten noch einmal – diesmal mit Kurs auf den
Heimathafen am Bodensee.
© Wolfgang Kerkhoff
| 25.6.2023|
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„Graf Zeppelin“ über dem
Flughafen St. Arnual. Postkarte von 1933, gemeinfrei.
Kompletter Text im pdf-Format
Glasfenster von Richard und Otto Linnemann. Zu sehen im
„Ratskeller“ Saarbrücken. 1909 gab es die erste
Begegnung der Saarbrücker mit einem Luftschiff. Die
Szene ist hier künstlerisch verarbeitet.Mit freundlicher
Genehmigung von Peter
Habermann.
Es gab gab zwar die
Parole der Regierungskommission, keine Nazisymbole zu
zeigen; die von OB Neikes rekrutierten Blumenmädchen
trugen an ihren Sträußen aber unverkennbar
Hakenkreuz-Schleifchen.
Sammlung Hans-Jürgen Hartmann.
Montage des gewaltigen
Gerippes für den LZ 127. Bundesarchiv.
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